Wer am Donnerstagabend das Walbecker Freibad betrat, merkte sofort: Hier wird kein gewöhnliches Konzert stattfinden. Schon beim ersten Ton von „Kool and the Gang“ erhoben sich die Gäste von ihren Decken und Stühlen. Innerhalb weniger Minuten war das Schwimmbad keine Konzertwiese mehr, sondern ein gigantischer Dancefloor.
Von KM-Redakteur Diemtar Thelen
Musik – Die Musiker um Robert „Kool“ Bell, das letzte lebende Gründungsmitglied der Band, verschwendeten keine Zeit. Deutlich früher als geplant stürmten sie die Bühne und legten los. Mit Songs wie „Fresh“ oder „Too Hot“ zogen sie das Publikum sofort auf ihre Seite. Es wurde geklatscht, gesungen, getanzt – und das noch bevor die Dämmerung eingesetzt hatte. Als schließlich „Get Down On It“ und „Ladies Night“ erklangen, war die Stimmung endgültig auf dem Höhepunkt. Zum großen Finale mit „Celebration“ gab es kein Halten mehr.

Nach dieser ausgelassenen ersten Hälfte war die Spannung greifbar, als Nile Rodgers & Chic die Bühne betraten. Rodgers, ein Mann, der seit über 40 Jahren Musikgeschichte schreibt, musste nicht lange erklären, warum er ein Weltstar ist. Statt vieler Worte griff er zur Gitarre – und mit „Le Freak“ begann eine Reise, die von New York bis nach Walbeck führte.
Rodgers erinnerte mit jedem Song daran, dass er nicht nur Gitarrist und Bandleader ist, sondern auch Produzent unzähliger Welthits. „Upside Down“, „We Are Family“ oder „I’m Coming Out“ – jeder Titel rief beim Publikum sofort Begeisterung hervor. Dabei strahlte Rodgers die Energie eines jungen Musikers aus, unterstützt von einer perfekt eingespielten Band und den beiden Sängerinnen Kimberly Davis und Audrey Martells, die mit ihren Stimmen mehr als einmal für Gänsehaut sorgten.

Doch Rodgers nutzte den Abend nicht nur für Musik, sondern auch für Einblicke in sein Leben. Als er von seiner Zusammenarbeit mit Madonna erzählte, lauschte das Publikum gebannt. „Material Girl“ wollte er als erste Single veröffentlichen, doch Madonna bestand auf „Like a Virgin“. „Am Ende haben wir beide Songs gespielt“, schmunzelte Rodgers – und prompt folgte die musikalische Umsetzung.
Noch persönlicher wurde es, als er seine überstandenen Krebserkrankungen thematisierte. Zweimal sei er erkrankt, zweimal habe er gekämpft und gewonnen. Dass er heute auf der Bühne stehen könne, verdanke er auch den unzähligen Botschaften von Fans weltweit. „Ihr seid meine Familie“, sagte er sichtlich bewegt – ein Moment, in dem die Zuschauer nicht nur tanzten, sondern auch spürten, wie viel Herzblut in dieser Musik steckt.
Rodgers machte zudem deutlich, dass er nicht in der Vergangenheit lebt. Mit „Get Lucky“, seinem Welterfolg mit Daft Punk und Pharrell Williams, zeigte er, dass er auch im 21. Jahrhundert die Charts erobern kann. Zusammen mit Klassikern von Sister Sledge, Diana Ross und David Bowie entstand so ein Programm, das mehrere Generationen verband. Als die letzten Akkorde verklungen waren, war klar: Dieses Doppelkonzert war mehr als ein nostalgischer Rückblick. „Kool and the Gang“ und Nile Rodgers & Chic bewiesen eindrucksvoll, dass Disco nicht in den Archiven verstaubt, sondern nach wie vor eine mitreißende, lebendige Kultur ist. (dt)
